Freitag, 17. Juli 2015

Leistungssteigerung am Nabendynamo


Heute ist selbst in einem günstigen Fahrrad ein Nabendynamo eingebaut. Seine Vorteile gegenüber einem Seitenläuferdynamo überzeugen und auch die Furcht vor einem Dynamo der immer mitläuft ist verschwunden. Ich möchte meine Fahrradbeleuchtung verbessern und dazu herausfinden wie sich möglichst viel Leistung aus dem Dynamo entnehmen lässt. Die mechanische Leistung interessiert dabei nicht!


 Die Fahrradzukunft ist eine seit 2006 online erscheinende Zeitschrift, deren Redaktion ausschließlich aus ehrenamtlich tätigen Alltagsradlern besteht. Die behandelten Themen sind häufig sehr speziell und werden nicht so oberflächlich behandelt wie in populären Fahrradzeitschriften, welche Gewinn orientiert arbeiten und mit reichlich Werbung gespickt sind. -> fahrradzukunft.de/

In der Ausgabe 14 (April 2012) hat Andreas Oehler einen Artikel über seinen Test einiger Nabendynamos verfasst. -> Link zum Artikel Er selbst arbeitet als Maschinenbauingenieur beim Fahrradbeleuchtungshersteller Schmidt Maschinenbau. Für mich waren zwei Feststellungen interessant. Man kann aus einem Nabendynamo deutlich mehr Leistung heraus holen als die angegebenen 3W und mit höher ohmigen Lasten kann bei gleicher Frequenz, also Fahrgeschwindigkeit, mehr Leistung erzielt werden.

Eine weitere Möglichkeit die Leistung des Nabendynamos zu erhöhen ist die Blindwiderstände zu kompensieren. Ein im Netz bekanntes Projekt ist der Forumslader. Es handelt sich dabei um eine Schaltung mit der die Energie des Nabendynamos in Akkus gespeichert wird um diese dann z.B. an das Smartphone weiter zu geben. Inzwischen gibt es viele Versionen des Forumsladers, wobei die letzte per Bluetooth mit dem Smartphone kommunizieren kann und alle kommerziell angebotenen Geräte in den Schatten stellt. Aber auch in der einfachsten Version werden zwei anti-seriell vorschaltete ElKos mit 470µF/35V genutzt um den induktiven Blindwiderstand zu kompensieren. Dabei habe ich low-ESR Typen benutzt.
Hier der Schaltplan einer frühen Version des Forumslader. Gut zu sehen sind die beiden ElKos vor der Gleichrichtung.
Es wird also ein LC-Reihenschwingkreis aufgebaut, wobei die Induktivitäten die Spulen im Dynamo sind. Durch die Induktivität und die Kapazität fließt der selbe Wechselstrom, welcher annähernd Sinus-förmig ist. Es gilt der Merksatz: "Induktivitäääten, Ströme sich verspäääten und Kondensatooor, Strom eilt vooor." Die Spannungen sind gegeneinander gerichtet, so dass diese sich im Sonderfall aufheben. Dann wäre nur noch der Ohmsche Widerstand (Wirkwiderstand) aktiv. Diesen Sonderfall nennt man Reihen- oder Serienresonanz und er wird nur bei einer bestimmten Frequenz, also Fahrgeschwindigkeit, erreicht.
Über dieser Frequenz ist der induktive Blindwiderstand größer als der kapazitive und unterhalb dieser Frequenz ist der kapazitive Blindwiderstand größer als der induktive. Bei einem Reihenschwingkreis tritt eine Spannungsüberhöhung auf, weil über der Spule und dem Kondensator höhere Spannungen auftreten als die Gesamtspannung. Siehe Wiki-Artikel


Für die Messungen habe ich einen Nabendynamo (Shimano DH3N30) mit einem Lastwiderstand belastet und Stromrichtig Strom und Spannung gemessen. Ich stelle dabei kaum Anspruch an Reproduzierbarkeit oder eine Fehlerbetrachtung.
  1. Messung mit einem 12Ω Widerstand. Dieser Widerstandswert wird als Ersatz für eine normale Lichtanlage (Vorne und hinten Glühlampen) genutzt. Es ergibt sich eine Kurve, welche nah an die gesetzlich geforderten 6V/3W kommt.
  2. Mit etwas mehr als dem doppelten Lastwiderstand ergibt sich eine recht lineare Kurve, welche ab ca. 15Km/h von der ersten Kurve abweicht. Dieser Trick wird häufig von Radfahren genutzt, die einfach zwei normale LED-Scheinwerfer in Reihe betreiben.
  3. Die Kapazität ist offensichtlich viel zu klein, denn die Kurve liegt fast über den ganzen Geschwindigkeitsbereich unter allen anderen Kurven. Bis ca. 10km/h lässt sich fast keine Leistung entnehmen.
  4. Die Kurve ergab den Maximalwert, ist aber bei niedrigen Geschwindigkeiten nicht brauchbar.
  5. Die Kurve liegt fast über den ganzen Geschwindigkeitsbereich über allen anderen Kurven. Bei 30km/h konnten 11,2W entnommen werden. Mehr als dreimal so viel wie gesetzlich gewünscht.
Gut wäre es nun gewesen zusätzlich noch eine Leerlaufkennlinie und eine Kurzschlusskennlinie aufzunehmen, sowie die Drehzahl weiter zu erhöhen um die Resonanzfrequenz bestimmen zu können. Berechnet mit der Induktivität andere Nabendynamos in Klauenpolbauweise kommt man auf eine Resonazfrequenz von 57Hz (=34km/h).
Hier noch der zeitliche Verlauf der Spannungen mit und ohne Serienkondensator bei den angegebenen Einstellungen.


Fazit:  Mit der Erhöhung des Lastwiderstandes und der Kompensation der Blindwiderstände lassen sich hohe Leistungen erzielen. Wie gut die Kondensatoren 36°C im Sommer oder -20°C im Winter abhalten und wie die Kapazität nach 10 Jahren Nutzungsdauer aussieht sei dahin gestellt.

Mathias Magdowski hat ein Modell eines bestimmten Nabendynamos erstellt. Seine Prüfungsarbeit ist als pdf-Dokument unter folgendem Link zu finden. -> Modellierung_eines_Nabendynamos.pdf

2 Kommentare:

  1. Hallo!
    Was heißt das für die Praxis? Gerade in Bezug auf die Möglichkeit den Dynamo AUCH zum Aufladen von Akkus o. allgemein USB-Geräten, nutzen zu können, wäre das doch äußerst sinnvoll?! Was ist mit den "unsinnigen" gesetzlichen Vorgaben?
    Gruß - Fahrradschmied

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  2. Hallo, nach welcher Formel wird die Kapazität für die Kompensation der Blindleistung bestimmt? Gruß

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