Freitag, 1. April 2016

Alu gießen mit dem Loast-Foam Verfahren

Ziel

Ich überlege mein Fahrrad von einer Nabenschaltung auf eine 1x9 Kettenschaltung umzubauen. Der Rahmen bietet aber keine Möglichkeit ein normales Schaltwerk daran zu befestigen, weswegen ein Adapter nötig ist. Diesen könnte man aus Aluminium fräsen oder feilen. Ein Freund hat mich aber darauf gebracht, dass es auf YouTube viele Videos gibt, in denen gezeigt wird, dass das Gießen von Aluminium vergleichsweise einfach ist, weil die Schmelztemperatur nur 660°C beträgt. Der Adapter für mein Fahrrad soll also als Gussteil hergestellt werden, weil ich das Gießen einmal ausprobieren möchte.

 
Von einem anderen Fahrrad habe ich mir ein baugleiches Ausfallende abgesägt um einen Prototypen für den Adapter konstruieren zu können. Dazu habe ich eine Studenten Version von SolidWorks 2014 genutzt. 



 Bau des Prototypen aus PLA

 

Um den Prototypen auch testen zu können, wurde ein Modell aus PLA in 3D gedruckt. Dazu habe ich den Renkforce RF 1000, der eine Eigenentwicklung von Conrad Elektronik ist, genutzt. Im Vergleich zu vielen anderen 3D Druckern ist dieser mechanisch äußerst stabil aufgebaut und verfügt zum Beispiel statt einfachen Trapezgewindespindeln über Kugelumlaufspindeln. Die Fertigungstoleranzen sind unter anderem dadurch sehr gering. Um das Schaltwerk zu befestigen habe ich mir noch einen speziellen Gewindebohrer bei Ebay gekauft.
 
Das erste Modell hat natürlich nicht gepasst und es mussten kleine Änderungen vorgenommen werden. Die zweite Variante war dann aber zufriedenstellend und es konnte nun der Bau eines Schmelzofens angegangen werden.

Bau des Ofens

 
Es gibt komfortable gedämmte Schmelzöfen welche rein elektrisch heizen und eine elektronische Steuerung mitbringen. Da aber nicht absehbar war, wie erfolgreich wir mit unseren Versuchen überhaupt sein werden, wurde ein besonders einfacher und billiger Ofen gebaut. Dieser besteht aus einem Blecheimer welcher von innen mit Estrich ausgekleidet wurde. In Anleitungen kursieren erprobte Mischungen für die Mörtel, welche als Bestandteil Schamotte nutzen. Estrich war aber noch da und hat den Temperaturen auch völlig problemlos standgehalten. Im unteren Teil des Ofens wurde eine Stahl Wasserleitung mit einzementiert um über diese Luft einblasen zu können.
Im Gießereibedarf gibt es schöne Schmelztiegel mit dazugehörigen Halterungen. Wir haben einfach einen kleinen Feuerlöscher aufgeschnitten und eine kleine Nase zum Ausgießen des flüssigen Metalls angebracht. Geheizt wird mit Grillkohle, welche entgegen anfänglichen Befürchtungen die benötigte Temperatur völlig problemlos erreicht, wenn sie mit ausreichend Luft angeblasen wird. 

Versuche mit offener Gipsform

 
Mangels geeigneten Formsands wurde versucht in einer halboffenen Form aus Gips zu gießen. Dazu wurde das Modell aus PLA mit Talkum eingepudert und in den noch flüssigen Gips gedrückt. Alternativ zu Talkum hätte man noch Vaseline als Trennmittel testen können. Diese Negativform wurde dann bei 200°C eine Stunde im Ofen getrocknet, damit beim Kontakt mit dem flüssigen Metall keine Dampfblasen entstehen. Genau das ist aber doch passiert, wie auf dem Foto oben zu sehen. Dort hat das Aluteil ungefähr mittig eine große Vertiefung. Dieses Problem plagt viele Hobbygießer und man sieht es auch in YouTube-Videos häufig.
Die Herstellung der Form auf diesem Wege ist mühselig und das Ergebnis höchstens befriedigend. Ein weiterer Grund für den Misserfolg ist, dass unser Modell nicht für das Gießen optimiert ist, also zum Beispiel keine Formschrägen hat. Prinzipiell ist eine Form aus Gips aber auch zum Gießen geeignet. Fotos im Internet beweisen es.

Das Loast-Foam-Verfahren

 Ein anderes modernes Gießverfahren ist Lost-Foam. Bei diesem Gießverfahren wird das spätere Gussstück 1 zu 1 aus Schaum, meist Styropor, hergestellt.  Dieser Schäumling wird in normalen Sand eingebettet. Beim Kontakt des Styropors mit dem flüssigen Metall verdampft das Styropor und das Aluminium kann den entstandenen Hohlraum einnehmen. Dabei ist es wichtig, dass Sand ohne Bindemittel verwendet wird, damit das Gas durch den Sand an die Oberfläche gelangen kann. Das Schaummodell kann problemlos aus mehreren Teilen zusammengeklebt werden, wodurch auch komplizierte Gussteile mit wenig Aufwand gefertigt werden können.

Industriell wird als Schaum meistens expandierbares Polystyrol (EPS), besser bekannt unter dem Markennamen Styropor, verwendet. Dieses wird mit heißem Wasserdampf beaufschlagt und dabei in eine metallische Dauerform gepresst. Danach werden die einzelnen Modell Segmente mit Heißkleber zusammengesetzt und Ein-und Ausgusssysteme angebracht. Anschließend wird die so entstandene Modelltraube mit einer wasserbasierten, keramischen Schlichte überzogen. Die getrocknete Modelltraube wird in einen Gießbehälter eingesetzt und mit Quarzsand berieselt. Durch das Eingußsystem wird das flüssige Aluminium in das Schaumstoffmodell geleitet, welches sich thermisch zersetzt und so Platz für das Aluminium schafft. Durch Kippen des Gießbehälters kann anschließend der Quarzsand wieder aus allen Hohlräumen fließen und problemlos wieder verwendet werden.

Durch die schnelle Herstellung der Modelle und die sehr große Gestaltungsfreiheit bei der Konstruktion wird das Verfahren nicht mehr nur im Prototypenbau eingesetzt. Interessanterweise ist es häufig sogar umweltschonender, weil lediglich bei der Zersetzung des Styropors Kohlenwasserstoffverbindungen entstehen und keine großen Mengen Formsand regeneriert werden müssen.


Um die Styropormodelle herzustellen habe ich mir eine kleine Vorrichtung gebaut, welche einen stromdurchflossenen Draht spannt. Damit kann das Styropor thermisch geschnitten werden und es entstehen sehr glatte Schnittflächen. Anfangs habe ich versucht das Styropor mit einem Cuttermesser zuschneiden, wovon ich aber nur abraten kann! Als Schneidedraht habe ich das Sägeblatt einer Laubsäge genutzt, weil es einen geeigneten ohmschen Widerstand hatte



Beim Gießen des Modells ist es wichtig, zu verhindern, dass das flüssige Aluminium die gesamte Oberfläche des Sandes bedeckt, weil dann die entstehenden Gase nicht austreten können. Ich habe dazu einen Teil einer Konservendose um das Eingußsystem gelegt, wie auf dem Bild unten zu sehen. Der Sand muss möglichst feinkörnig und völlig trocken sein. Ich habe ihn dazu bei 200°C 2 Stunden im Ofen getrocknet und anschließend fein gesiebt.



Nachbearbeitung

Ich habe das Teil gleich zweimal gegossen, falls eins davon nicht gelingt. Auf dem Foto unten sieht man die beiden Teile, an denen noch Reste des verbrannten Styropor zu sehen sind. Als Erstes werden nun die Eingußsysteme abgesägt und die Teile gereinigt. Anschließend können alle Flächen auf Maß gefeilt werden. Dabei entsteht auch eine glatte Oberfläche und es lässt sich nicht mehr erahnen, dass die Teile gegossen wurden.

2 Kommentare: